Baltschiedertalsaga
Im inneren Stafel des Baltschiedertales kam abends, während der Senn dem käsen oblag und am Kessel den Brecher schwang, oft eine junge Ziege auf das Hüttendach und schaute durch eine Lücke neugierig dem Senn zu. Der Senn, dessen überdrüssig, schlug mit dem Brecher nach der Ziege. An einem Fusse gelähmt, hinkte die davon und wurde später niemehr gesehen. Der Sommer ging zuende. Kein Unglück war vorgefallen und die Geteilen waren mit dem Nutz (Milchertrag) zufrieden. Nur der Senn hatte keine Ruh, denn die gelähmte Ziege ging ihm nicht aus dem Sinn. Eines Tages ging der Senn geschäftehalber in ein Nachbardorf und traf da eine ihm wohlbekannte Person an, welche einen lahmen Arm hatte und furchtbare Schmerzen litt. Da sprach der Senn: „Ach Kathri was hast du denn mit deiner Hand gemacht?“ „ Du bist schuld“, sagte die Tochter, „warum hast du mir den Brecher auf das Hüttendach nachgeschmissen? Auf dem Besenstiel kam ich zu dir, um dich nur sehen zu können. Wenn du mir jetzt die Liebe erwiederst, werde ich von Schmerzen frei sein.“ Der Senn aber sprach: „ich will dich nicht, ich mag dich nicht.“ Die Grosstochter starb bald nachher. Im folgenden Sommer erschien sie dem Senn oft auf dem Hüttendach und meckerte: „Ich will dich nicht, ich mag dich nicht.“ Wieder ging der Sommer zu Ende, und noch im selben Jahr starb auch der Senn. Oft aber sahen Jäger nachher den Sennen beim Hüttenherd mit der Zubereitung des Käses beschäftigt.
Quelle: überliefert, digitale Bearbeitung durch Fredy Schmid